Ein unerwarteter Telefonanruf meines Hausarztes am Freitagabend reißt mich aus meinen Träumen. Er teilt mir mit, dass mein großes Blutbild zerstört sei und die Entzündungswerte weit außerhalb der Norm lägen und ich zu weiteren Untersuchungen sofort in die Uniklinik nach Göttingen müsse.
Mit gepacktem Koffer und klopfendem Herzen geht es am Samstagmorgen mit dem Einweisungsschein des Arztes in die Notaufnahme der Universitätsklinik Göttingen. Mein ganzer Körper wird dort zunächst durchgecheckt, auch mein Blut wird vollständig analysiert.
Am nächsten Tag bekomme ich meinen zentralen Venenkatheter, kurz ZVK, gesetzt. Unter einem ZVK versteht man einen Katheter, der in eine größere Körpervene am Hals eingeführt wird. Über den ZVK kann man intravenös Medikamente und Infusionen zuführen oder den zentralen Venendruck messen. Ein Schlauch, der mit vier Zugängen ausgestattet ist, führt von der Öffnung am Hals etliche Zentimeter (19) direkt bis zum Herzvorhof.
Endlich ist es soweit: Ich werde aus der Klinik entlassen. Mein erster „Heimaturlaub“ beginnt am 03.12.2021 und endet am 15.12.2021. In der kurzen Zeit, in der ich zu Hause bin, kann ich mich sehr gut von der Chemotherapie in der Uniklinik erholen. Das Schlafen im eigenen Bett und im eigenen Schlafrhythmus sowie der Aufenthalt in vertrauter Umgebung tun mir sehr gut. Einschränkungen bezüglich Nahrung und Verhaltensweisen muss ich in dieser Woche noch nicht beachten.
Zu meiner großen Überraschung komme ich zurück auf mein altes Zimmer und liege erneut mit meinem früheren Zimmerkollegen Thomas zusammen. Die Freude ist auf beiden Seiten natürlich groß, weil wir schon einen längeren Weg in dieser schweren Zeit gemeinsam gegangen sind und nun weiter beschreiten können.
„Jetzt bin ich erstmal für 10 Tage zuhause, und wie habe ich mich im Krankenhaus nach den schwierigen Tagen über Weihnachten darauf gefreut! Endlich mal wieder das essen, worauf ich Lust habe… “, geht es mir durch den Kopf, als ich nach der langen Zeit in der Klinik wieder in meiner vertrauten Umgebung bin.
140 Tage sind seit der Knochenmarktransplantation vergangen und ich verbringe meinen ersten Urlaub mit meiner Frau auf unserer Lieblingsinsel Juist. Wir wohnen in einem schönen Apartment mit Blick auf das Wattenmeer und verleben eine erholsame Woche.
Ich komme pünktlich auf der neuen Station 0123 (Holland) an, auf der ausschließlich Transplantationen des Knochenmarks vorgenommen werden. Etwas nervös setze ich mich in den Aufenthaltsraum und warte auf die Schwester, welche das Aufnahmegespräch mit mir durchführen wird.
© 2024 meinneueslebenmitleukämie.de